"Ich grille jeden zweiten Tag“

Herr Riemen, erinnern Sie sich noch an Ihren ersten eigenen Grill?
Hans-Dieter Riemen: Das ist bestimmt schon 35 Jahre her. Das war so ein ganz klassischer Kohlegrill. So ein kleines Fass aus Gusseisen. Der war gut, wir hatten ihn schon ein paar Jahre. Ist aber nicht mit den Grills von heute zu vergleichen.
 
Heute ist die Auswahl an Grills gewaltig. Welcher Grill ist der Richtige?
Riemen:Es kommt vor allem auf das „Wie“ des Grillens an. Je nachdem wie Sie etwas grillen, erhalten Sie unterschiedliche Ergebnisse. Weniger entscheidend ist dabei die Art des Grills.
 
Das hören die Holzkohlegriller sicherlich gar nicht gerne. Schließlich schwören viele darauf, dass Gas- und Elektrovarianten geschmacklich nicht mit den Ergebnissen ihres Kohlegrills mithalten können.
Riemen: Ich kann dem nur widersprechen. Wir haben in unseren Grillseminaren schon zahlreiche Blindverkostungen gemacht und dabei Bratwurst auf den drei verschiedenen Grills zubereitet. Richtig zugeordnet wurde die jeweilige Wurst dann aber von keinem
Teilnehmer.
 
Ist es denn dann letztlich egal, welchen Grill man sich anschafft?
Riemen: Wichtig ist vor allen Dingen, dass das Gerät der Wahl zum jeweiligen Nutzer, zu seinen Anforderungen und auch zu seinen Vorlieben passt.
 
Würden Sie also sagen, es gibt verschiedene Grilltypen? Auch menschlich gesehen?
Riemen: Oh ja, die gibt es. Da sind etwa die von Ihnen genannten Holzkohlegriller. Das sind meiner Erfahrung nach im Herzen Romantiker. Sie spielen gerne mit dem Feuer und mögen es, ein bisschen zu kokeln. Andere unterstreichen mit den Flammen und der Glut auch irgendwie ihr Ego. „Ich bin der Mann, ich beherrsche das Feuer.“ Und wenn dann später die Glut knistert und knackt, dann ist meist der geduldige Kohlegriller ganz in seinem Element.
 
Was ist mit dem Gasgrilltyp?
Riemen:Gasgriller, das sind eher praktische Typen, die oft auch unter Zeitdruck stehen. Schließlich wird Gas gerne genommen, weil der Grill so schnell einsatzbereit ist. Gasgriller bevorzugen das Einfache, wollen aber trotzdem ein gutes Ergebnis. Sie mögen auch nicht lange sauber machen. Das erledigt der Grill durch sehr hohes Erhitzen später fast von selbst. Und die Dritten im Bunde, das sind die Elektrogriller. Sie sind eher sicherheitsliebend. Sie haben entweder sehr viel Respekt vor Gas oder Kohle oder aber eine Mietwohnung mit Balkon. Viele nehmen da aus rechtlichen Gründen einen Elektrogrill. Und auch ältere Herrschaften sind typische Elektrogriller. Sie wollen verständlicherweise keine Kohlensäcke oder Gasflaschen mehr schleppen.
 
Wenn es nun nicht die Kohle ist, die für den typischen Grillgeschmack sorgt, was ist es dann?
Riemen: Dafür verantwortlich ist unter anderem die sogenannte Maillard-Reaktion am Fleisch, wenn man es mal so fachlich sagen will. Das ist eine komplexe Bräunungsreaktion unter Hitzeeinwirkung. Dabei verwandeln sich unter anderem Eiweiße im Fleisch zu recht schmackhaften neuen Verbindungen. Zusätzliche Geschmacks­aromen entstehen außerdem, wenn Fleischsaft oder Fett beim Grillen regelmäßig abtropfen und verdampfen. Weniger gut ist es allerdings, wenn tropfendes Fett als Flamme verbrennt. Denn dann können bekanntlich krebserregende Stoffe entstehen. Und das will nun wirklich keiner.
Ihre Seminarteilnehmer wollen an der Stelle bestimmt auch immer eines wissen: Wie kann man solche Flammen verhindern?
Riemen:Es ist immer besser, tropfendes Grillgut erst indirekt zu grillen. Das bedeutet, dass sich die Hitzequelle, also Glut, Gasflamme oder Heizspiralen, nicht direkt unter dem Grillgut befinden, sondern daneben. Die herabtropfende Flüssigkeit kann sich so nicht entzünden. Nur durch indirektes Grillen lässt sich auch ein großes Stück Fleisch wie etwa ein Braten zubereiten. Er bleibt mit dieser Methode wunderbar saftig.
Das direkte Grillen über der Heizquelle eignet sich vor allem für Grillwaren mit kurzer Garzeit wie kleine Stücke Fleisch, Gambas, Pilze, Frühlingszwiebeln oder Wurst. Dabei sollten Sie Marinaden unbedingt vorher vom Fleisch gründlich abstreichen. Diese tropfen sonst und verbrennen, mit den beschriebenen negativen Folgen.
 
Gibt es denn noch weitere typische Fragen, die immer gestellt werden?
Riemen:Also, so eine klassische Frage ist: Wie grillt man das perfekte Steak. Ich sage dann immer, dass das auf die Qualität und die Dicke des Fleisches und die Temperatur des Grills ankommt. Beim Grillen kann man nie eine genaue Zeit angeben. Wichtig ist aber, dass das Fleisch vor dem Grillen Raumtemperatur haben sollte. Auch sollte man zum Wenden keine Gabel nehmen, sondern eine Zange. Dann läuft weniger Fleischsaft aus.
 
Und welche Fragen wollen Sie nie wieder hören?
Riemen:Auf wie vielen Seiten grillt man eine Wurst?“
 
Und?
Riemen:Ist doch klar, auf zwei Seiten. Und eine Frage wird auch ganz häufig gestellt: „Was halten Sie davon, Bier auf die Kohlen zu kippen?“ Und bevor Sie nachfragen: Ich halte gar nichts davon! Bier gehört in den Bauch und nicht auf die Kohlen. Da lassen Sie die Kohlen lange Zeit glühen, um ordentlich Temperatur zu bekommen und dann löschen Sie das Ganze wieder ab? Biergeschmack bekommen Sie so jedenfalls nicht ans Fleisch.
 
So neben Wurst und Steak, was war denn das Ungewöhnlichste, das Sie bisher vom Grill gegessen haben?
Riemen:Krokodilfleisch. Ich fand, das war sehr gut. Und Spargel. Dafür ist es zwar jetzt schon zu spät. Aber das sollten Sie im nächsten Frühjahr mal ausprobieren. Schmeckt toll!
 
Wie und worauf grillen Sie in Ihrer Freizeit?
Riemen:Ich nutze gerne mal den Smoker. Aber aus Zeitgründen grillen wir zu Hause meist mit Gas. Ich habe einen mit drei Brennern und einem Seitenkocher.
 
Also Sie sind mit Smoker und Gasgrill quasi der praktische Romantiker unter Zeitdruck.
Riemen:Ja, genau, der bin ich!
 
Wann im Jahr beendet denn so ein praktischer Romantiker das Grillen?
Riemen: Ach, ich höre gar nicht auf! Es gibt bei mir keine richtige Grillpause. Das erste offizielle Mal habe ich in diesem Jahr schon in der ersten Januarwoche für eine Beachparty den Grill angeschmissen. Und dann hatten wir ja bereits fast 30 Seminare und verschiedene Veranstaltungen, bei denen ich am Grill stehen durfte. Und weitere folgen noch. Zu Hause grillen wir eigentlich immer, wenn es zum Essen ein Stück Fleisch geben soll. Das kommt dann draußen vom Rost. Ich grille also quasi jeden zweiten Tag.

Text: Meike Heinatz, Foto: Benjamin Janzen

Hans-Dieter Riemen hat in vielen Grillseminaren sein Wissen über Glut und Grill­gut weitergegeben. Er ist Grillmeister aus Leidenschaft. Ein Gespräch über unsinnigen Biereinsatz, richtig gegrillte Würstchen und romantische Holzkohlegriller.