Jetzt kriegen Sie Ihr Fett weg…

Waschsoda erlebt eine Renaissance. Zu Recht: Als Fettlöser und ungiftiges Reinigungsmittel entpuppt es sich auch im modernen Haushalt als kraftvolle Hilfe.
 
Ein richtiger Alleskönner! Nichts löst hartnäckiges Fett schneller und gründlicher!“ So euphorisch wird ein altes Hausmittel neuerdings in Internetforen gepriesen. Ob es stimmt? Kann Waschsoda tatsächlich unsere modernen Putzmittel und Fleckenentferner sinnvoll ergänzen oder in bestimmten Fällen sogar ersetzen? Wo liegen die Stärken von Wasch-soda als ungiftiges und trotzdem hochwirksames Reinigungsmittel? Und was ist das eigentlich – Soda? Mit dem Wort Soda werden oft verschiedene Substanzen bezeichnet (siehe unten). Hier soll es um Waschsoda gehen.
 
Natürliche Vorkommen von Soda
An vielen Stellen der Erde gibt es natürliche Vorkommen von Soda in sogenannten Sodaseen. Solche ausgetrockneten Gewässer in Wüsten lieferten mit ihren mineralischen salzhaltigen Ablagerungen schon den alten Ägyptern im vierten Jahrhundert vor Christus das, was wir heute Waschsoda nennen. Die Ägypter trockneten damit Leichen als Vorstufe zur Mumifizierung, nutzten es zur Herstellung von Glas und wuschen damit Wäsche. Außerdem verbrannten die Sumerer und Ägypter salzhaltige Strand- und Meerespflanzen und wuschen mit der sodahaltigen Asche ihre Wäsche. Hier liegt der Ursprung des Wortes Soda: das arabische Wort suwwâd bezeichnet die Salzpflanzenasche.
 
Soda hat die Welt verändert
Wie kaum eine andere Chemikalie hat Waschsoda die Welt verändert. Da die natürlichen Vorkommen sehr begrenzt waren, hat der Franzose Nicolas Leblanc ein Verfahren zur künstlichen Herstellung entwickelt und im Jahr 1791 dafür ein Patent angemeldet. Seine Grundstoffe für die Sodagewinnung waren Glaubersalz, Kalk und Kohle. Diese Erfindung hat die Entstehung der chemischen Industrie eingeleitet. Endlich ließen sich Seifen großtechnisch und preisgünstig herstellen und verbesserten die Hygiene in der Bevölkerung. Dadurch wurden ansteckende Krankheiten zurückgedrängt. Die durchschnittliche Lebenserwartung verdoppelte sich in dieser Zeit. In England erblühte dank des nun reichlich verfügbaren Waschsodas die Textil- und Glasindustrie. Für sie war Soda, das jetzt weltweit in großem Stil gehandelt wurde, unentbehrlich.
 
Mit Kochsalz und Kalk
Allerdings benötigte das Leblanc-Verfahren viel Energie, und es fielen übelriechende und giftige Abfallstoffe an, die in England damals ganze Landstriche verwüsteten. Die großtechnische Waschsodaherstellung machte die Fabrikanten reich und viele Menschen krank. Deshalb entwickelte der belgische Chemiker Ernest Solvay 1861 den Ammoniak-Soda-Prozess zur Gewinnung der Substanz. Dies ist ein deutlich effektiveres Verfahren mit den Ausgangsstoffen Kochsalz und Kalk. Als Abfallstoff fällt dabei nur noch Calciumchlorid an.
 
Eine der vielseitigsten Chemikalien
Die chemische Industrie stellt auch heute noch Soda nach diesem Verfahren her. Am meisten verbraucht die Glasindustrie. Papier, Leder, Bleichmittel, Farben, Wasch- und Reinigungsmittel, Klebstoffe, Eisen und vieles mehr entsteht mithilfe von Soda. Im privaten Haushalt hingegen haben heute hautschonendere und duftende, aber dabei oft auch weniger wirksame Reinigungsmittel das Waschsoda abgelöst. Damit ist das Wissen über den Umgang damit vielfach in Vergessenheit geraten.
 
Nicht giftig, aber auch nicht harmlos
Soda ist unter dem Kürzel E 500 als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und gilt chemikalienrechtlich auch als nicht giftig. Aber es sei dennoch nicht harmlos, warnt das Umweltbundesamt. Es könne Augen und Schleimhäute stark reizen – deshalb der Warnhinweis auf der Verpackung des weißen Pulvers. Auch die Hersteller raten zur Vorsicht beim Umgang damit. Man sollte es, wie die meisten Reinigungsmittel, nicht in die Augen wischen und nicht einatmen – und deshalb zum Beispiel die Packung nicht allzu schwungvoll öffnen.
 
Der ideale Fettlöser
Zum Schutz der Hände ist es besser, beim Reinigen und Waschen mit Waschsoda Gummihandschuhe zu tragen oder die Hände hinterher einzucremen. Denn es wirkt in Wasser gelöst stark alkalisch, ergibt also eine Lauge mit einem hohen pH-Wert. Damit bringt es zum einen sehr wirksam Schmutz, Eiweiß und Fett zum Quellen, verändert diese unerwünschten Stoffe chemisch und löst sie ab, zum anderen entfettet die Lauge aber auch die Haut. Die Lauge kann eben nicht unterscheiden, wo sie Fett lösen soll und wo nicht. Das gilt beispielsweise auch für geölte Holzflächen und für Linoleum. Putzeimer mit Sodalösung können dort helle Ränder hinterlassen.
Bei Kalkablagerungen und Urinstein stößt Waschsoda allerdings an seine Grenzen, weil es im Gegensatz zu Säuren alkalisch wirkt. Um Kalk und Urinstein zu lösen, wird eine Säure (zum Beispiel Haushaltsessig oder Zitronensäure) benötigt.
 
Gegen Bakterien und Gerüche
Mit ihrem hohen pH-Wert wirkt eine Waschsodalösung auch ein wenig bleichend und keimhemmend und sorgt damit für lebensmittelgerechte Sauberkeit. Deshalb bürsteten unsere Großmütter die unbehandelten Holzregale vor dem Einlagern von Äpfeln und Birnen mit heißer Sodalösung ab und reinigten beim Einkochen auch Marmeladen- und Einmachgläser mit heißer Sodalösung. Unangenehme Gerüche werden teilweise durch flüchtige saure Verbindungen verursacht. Wenn die alkalische Sodalösung mit diesen Säuren reagiert, entstehen weniger flüchtige Salze. So kann Waschsoda Gerüche verringern. Das Pulver selbst und auch seine Lösung in Wasser sind absolut geruchlos.
 
Enthärtet auch das Wasser
Neben der Alkalität hilft auch die enthärtende Wirkung von Waschsoda beim Lösen von Schmutz. Allerdings dauert es etwa 20 bis 30 Minuten, bis Soda im Putzwasser die Wasserhärte ausgefällt hat. Der vorher im Wasser gelöste Kalk setzt sich dabei als weißer Satz am Boden des Eimers ab. Deshalb sollte Waschsoda am besten in ganz heißes Wasser gegeben und eine Weile stehen gelassen werden – jedoch nicht zu lange, da die Waschsodalösung am besten wirkt, wenn sie warm ist.
 
Bei den Waschmitteln suchen
Waschsoda findet man im Drogeriemarkt und in gut sortierten Supermärkten meist ziemlich versteckt bei den Wasch- und Fleckenmitteln. Oft weiß selbst das Verkaufspersonal nicht, dass dort auch Sodatüten stehen. Es lohnt sich zu suchen. Das Pulver ist sehr preiswert. 500 Gramm Soda kosten einen Euro bis 1,50 Euro. Beim Lagern hart gewordenes Waschsoda hat aus der Luft Wasser aufgenommen und ist noch genauso wirksam wie in Pulverform.
 
Hier hilft Waschsoda
Mit einer selbst hergestellten Waschsoda-Lösung (siehe Kasten) kann man Fliesen, Keramik-, Edelstahl- und Kunststoffoberflächen reinigen und mit klarem Wasser nachwischen. Da Kunststoffoberflächen sehr verschieden aufgebaut sind, sollte man vor allem bei Hochglanzfronten und lackierten Flächen sicherheitshalber vorher den Hersteller fragen oder an einer verdeckten Stelle ausprobieren.
Den fettigen Grillrost oder das Gitter beziehungsweise den Fettfilter der Dunstabzugshaube mindestens zwei bis drei Stunden in dieser Lösung einweichen, notfalls in der Badewanne, und dann mit einem Schwamm abwischen, es sei denn, der Rost oder das Gitter sind aus Aluminium. Bei Fettfiltern ist das leider oft der Fall.
In den Backofen zum Reinigen gerade so viel von der Sodalösung gießen, dass nichts herausläuft. Gegebenenfalls Bleche mit hartnäckigem Fettfilm in den Backofen schieben und ebenfalls mit Sodalösung füllen, es sei denn, die Bleche sind aus Aluminium. Den Ofen schließen und 15 Minuten auf 150 Grad aufheizen. Über Nacht einwirken lassen und danach auswischen. Eventuell noch vorhandene Krusten mit einem Glaskeramikschaber abkratzen. Mit klarem Wasser nachwischen. Bei stark verschmutzten Seitenwänden kann man sich mit Küchenpapier helfen: Die Seitenwände mit der Sodalösung einsprühen, mit Küchenpapier abdecken und über Nacht einwirken lassen.
Zum Reinigen der Fritteuse die Waschsodalösung darin zum Kochen bringen, über Nacht einwirken lassen und auswischen.
Bei Belägen in der Thermoskanne und bei schlechten Gerüchen in Porzellanvasen, Trinkflaschen und Milchgefäßen die Waschsodalösung einfüllen und etwa eine Stunde einwirken lassen, danach ausspülen: fertig. Bei Glasgefäßen nur ganz kurz einwirken lassen. Bei längerem Einwirken kann die Lauge Alkali-Ionen aus der Glasoberfläche herauslösen, sodass das Glas trüb wird.
Abflüsse riechen nicht mehr schlecht und laufen wieder besser ab, wenn Sie die heiße Sodalösung in den Ausguss geben und darin eine bis zwei Stunden einwirken lassen.
Von Insekten verunreinigte Fenster und Autoscheiben lassen sich im Handumdrehen mit der Waschsodalösung säubern. Bei Glas bitte immer sofort mit klarem Wasser nachwaschen.
Unlackierte Holzgartenmöbel mit einer Wurzelbürste und dieser Lösung schrubben. Dies befreit die Möbel von Grünalgen und verleiht ihnen eine schöne schützende Patina. Lackierte und geölte Holzoberflächen hingegen sollten Sie nicht damit reinigen. Auch bei Linoleum wird davon abgeraten, mit Soda zu wischen.
Bei Flecken auf Polstermöbeln und Teppichen kann man ebenfalls mit Waschsoda Erfolg haben. Sicherheitshalber an einer verdeckten Stelle ausprobieren. Vorsicht bei wertvollen Stücken!
Als Waschmittelverstärker fungiert Waschsoda, wenn Sie bei normal verschmutzter Wäsche zum Einweichen oder zur Vorwäsche und im Hauptwaschgang jeweils einen Esslöffel Waschsoda mit ins Waschmittelfach geben. Bei stark verschmutzter Wäsche mit hartnäckigen Flecken jeweils zwei Esslöffel zugeben.
Da die tierischen Fasern in der Lauge quellen, Wolle nur kurz in kalter Waschsodalösung waschen. Seide bitte gar nicht mit Soda waschen. Wolle und Seide, aber auch Viskose mögen keine Lauge. Da Waschsoda auch eine leicht bleichende Wirkung hat, ist auch bei farbempfindlichen Stoffen Vorsicht geboten.
Die beste Wirkung erzielen Sie mit Soda bei heller und weißer Baumwoll- und Leinenwäsche und hohen Waschtemperaturen. Dort wirkt Waschsoda auch der Vergrauung entgegen.
Bei hartnäckigen Flecken hilft auch Einweichen über Nacht in einer Sodalösung mit einem bis zwei Esslöffeln auf zehn Liter Wasser oder eine gezielte Vorbehandlung der Flecken damit. Stoffe mit Blutflecken immer in kalter Lösung einweichen. Bei empfindlichen farbigen Stoffen an einer verdeckten Stelle ausprobieren und auf Farbechtheit prüfen.

Text: Karola Wiedemann I Foto: Shutterstock/focal point

Waschsoda: Die richtige Mischung

Zum Mischen: Einen gehäuften Esslöffel reines Waschsoda (15 Gramm) in einem Liter heißem Wasser auflösen und am besten 20 bis 30 Minuten stehen lassen. Dies ergibt eine alkalische Lösung mit einem pH-Wert von 10 bis 11. Die fertige Lösung können Sie auch in eine Sprühflasche füllen und aufbewahren – aber bitte nie in einer Getränkeflasche! Bitte kennzeichnen Sie die Sprühflasche entsprechend und lagern Sie sie wie alle Putzmittel sicher vor Kindern.

SCHON GEWUSST?

Tipp

Es gibt diese Lösung auch als fertiges Waschsoda flüssig zu kaufen. Die Sodalösung ist deutlich weniger ätzend als das Pulver. Deshalb steht auf dem fertigen „Soda flüssig“ auch kein Warnhinweis.